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Erhebung und Analyse von Kompetenzen zur Entwicklung eines Lehr- und Weiterbildungskonzepts in der Pflegeinformatik
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Published: | August 27, 2015 |
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Einleitung: Das Gesundheitswesen ist ohne Einsatz von Informationstechnologie nicht mehr denkbar. Dies betrifft auch den Einsatz von Informationstechnologie in der Pflege, was zu einer Intensivierung und Diversifizierung der Rolle der Pflege f�hren wird [1], [2]. In diesem Rahmen m�ssen Pflegekr�fte auf die sich �ndernden Arbeits-, Kommunikations- oder Prozessver�nderungen vorbereitet werden, um die Informations- und Kommunikationstechnologie sinnvoll nutzen zu k�nnen [3], [4]. Bislang ist die Vermittlung von Kompetenzen im Bereich der Pflegeinformatik noch nicht ausreichend in der Pflegeausbildung [5], [6], der Fort- und Weiterbildung sowie akademischen Ausbildung von Pflegekr�ften verankert [6]. In diesem Zusammenhang muss zudem die Entwicklung neuer Technologien ber�cksichtigt werden. Diese sollte durch die Pflege sinnvoll mitgestaltet werden k�nnen, um nicht nur von ihr beeinflusst zu werden [1], [2]. Im Rahmen des BMBF-gef�rderten Verbundprojektes KeGL-Kompetenzentwicklung von Gesundheitsfachpersonal im Kontext des Lebenslangen Lernens [7] sollen bedarfsgerechte und modularisierte Zertifikatsangebote zur kompetenzorientierten Weiterbildung von Gesundheitsfachpersonal erforscht, entwickelt, erprobt und ggf. in das Studienangebot integriert werden. Darunter f�llt auch die Bedarfs- und Angebotsermittlung, Konzeption und Implementation von Weiterbildungsangeboten in der Praxis der Medizinischen und Gesundheitsinformatik. F�r die Zielgruppe der Pflegekr�fte soll zun�chst eine Empfehlung zur Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich Pflege- und Sozialinformatik erarbeitet werden. Das Ziel dieser Ausarbeitung ist eine nationale wie internationale Bedarfsanalyse auf Grundlage einer Literaturrecherche zur Erhebung von Anforderungen und der damit verbundenen notwendigen Kompetenzen f�r das Aufgabengebiet der Pflegeinformatik. Dieser erste Schritt soll eine Expertenbefragung erm�glichen, um ein Lehr-, Aus- und Weiterbildungskonzept zu konzipieren. Das zu entwickelnde Modell soll fachliche aber auch personelle Kompetenzen und Fertigkeiten f�r verschiedene Ausbildungsniveaus ausgerichtet am europ�ischen Qualifikationsrahmen f�r lebenslanges Lernen (EQR) und des deutschen Qualifikationsrahmens f�r lebenslanges Lernen (DQR) abbilden [8]. Dieses soll es erm�glichen, notwendige Ausbildungsinhalte in der D-A-CH-Region ableiten zu k�nnen. Die Forschungsfragen lauteten daher, ob es in der Literatur hinreichend Hinweise f�r relevante Kompetenzen in der Pflegeinformatik gibt und ob diese mit deutschsprachigen Anforderungen �bereinstimmen.
Material und Methoden: Um einen m�glichst breiten Ansatz zu w�hlen und gleich zu Beginn eine Gruppe von Experten hinzuzuziehen, erfolgten die Arbeiten in Kooperation mit der AG Informationsverarbeitung in der Pflege der GMDS sowie der �GPI–�sterreichische Gesellschaft f�r Pflegeinformatik. F�r die Entwicklung des Konzepts war eine umfassende Literaturrecherche im Bereich Bildung und Kompetenzen der Gesundheitsinformatik notwendig. Zun�chst wurde ein auf nationaler Ebene beruhendes Modell adaptiert und erweitert, welches im Anschluss mit der internationalen Literatur abgeglichen wurde. Ausgangspunkt der Literaturrecherchen war der Kompetenzansatz der Medizin �ber die (Muster-) Weiterbildungsordnung f�r �rzte im Bereich der Medizinischen Informatik [9], welcher in den Bereich der Pflege transferiert werden sollte. Die hier ausgewiesenen Kompetenzbl�cke wurden von 14 Personen der GMDS AG im Zeitraum von November bis Februar 2015 gepr�ft und durch Kommentare angereichert. In einem n�chsten Schritt wurden die Ergebnisse der Literaturrecherche als ein separates Vorschlagsmodell erarbeitet. Verschiedene internationale Publikationen wurden hierf�r genutzt und zusammengefasst. Ausgew�hlt wurden die Global Academic Curricula Competencies for Health Information Professionals Draft for Public Comment [10], die Health Informatics Scope, Careers and Competencies Version 1.9 aus Australien [11], das AMIA Board white paper: definition of biomedical informatics and specification of core competencies for graduate education in the discipline [12], die Recommendations of the International Medical Informatics Association (IMIA) on Education in Biomedical and Health Informatics First Revision [13], die Informatics Professional Core Competencies v3.0 aus Kanada [14], die Informatics Competencies for Every Practicing Nurse: Recommendations from the TIGER Collaborative [15] und der Lernzielkatalog Medizinische Informatik f�r Studierende der Humanmedizin [16]. Die aus den Kommentaren der GMDS AG hervorgegangenen Kompetenzen wurden denen aus der nationalen und internationalen Literatur zugeordnet.
Ergebnisse: Auf nationaler Ebene konnten 12 Kompetenzen aus der �rztlichen Weiterbildung identifiziert und durch die GMDS AG auf 15 Kompetenzen in der Pflegeinformatik erweitert werden (deutschsprachiges Modell). Als Inhalte k�nnen beispielhaft Grundlagen zur Pflege- und Sozialinformatik, Qualit�tssicherung und Qualit�tsmanagement oder Entscheidungsunterst�tzung genannt werden (erweitert um Projekt- und Prozessmanagement, Ressourcenplanung und Logistik, Informations- und Wissensmanagement in der Patientenversorgung). Die internationale Recherche zeigte insgesamt 38 Kompetenzen aus dem engeren (z.B. praktische Informatik, Entscheidungsunterst�tzung) und weiteren Umfeld (z.B. Ethik, Leadership) der Informatik. In einem internen Abstimmungsprozess wurde das deutschsprachige dem internationalen Model gegen�bergestellt. In diesem Verfahren konnten insgesamt 24 Kompetenzbl�cken ermittelt werden, von denen 11 identisch (z.B. Informations- und Kommunikationssysteme, Dokumentation, eHealth/Telematik/Telehealth, Datenschutz und Datensicherheit, Biostatistik) und zwei sehr �hnlich (Ressourcenplanung und Logistik, Informations- und Wissensmanagement) zwischen deutschsprachigem und internationalem Modell waren. Eine Kompetenz (Projekt- und Prozessmanagement) aus dem deutschsprachigen Modell entsprach unmittelbar zwei Kompetenzen im internationalen Modell und wurde deshalb aufgeteilt. Acht Kompetenzen wurden aufgrund der internationalen Literatur neu in die �bersicht der Kompetenzen aufgenommen. Diese betrafen im Wesentlichen Kompetenzen im weiteren Sinne der Pflegeinformatik wie z.B. Change und Stakeholder Management, Ethik, Risikomanagement. Einer Kompetenz (Informationsmanagement in der Forschung) konnte kein direkter Oberpunkt aus der internationalen Literatur, aber einzeln beschriebene Unterpunkte zugewiesen werden. Keine Kompetenz aus dem deutschsprachigen Modell wurde aufgrund der internationalen Literatur entfernt. Zusammenfassend hei�t das, dass die 15 urspr�nglichen Kompetenzen nahezu vollst�ndig best�tigt wurden, eine in zwei aufgeteilt und eine nur durch Unterpunkte best�tigt wurde und acht neu hinzukamen. Aus Sicht der internationalen Literatur wurden zwei Kompetenzen nicht ber�cksichtigt, da sie als vorausgesetzt angenommen wurden, z.B. Computer-Kenntnisse. Alle anderen Kompetenzen wurden entweder unmittelbar den �berschriften zugeordnet, diesen untergeordnet oder fanden als neue Kompetenzen Einzug.
Diskussion: Auf internationaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen und Richtlinien f�r die Medizinische Informatik, die sich gut auf die Pflegeinformatik �bertragen lassen. Dabei wird ein breites Spektrum abgebildet: Von Kompetenzen in der allgemeinen Managementlehre bis hin zu speziellen Kompetenzen des Daten- und Informationsmanagements. Zusammenfassend zeigte die Literatursicht, dass sich fast alle im deutschsprachigen Modell aufgef�hrten Kompetenzen unmittelbar in der internationalen Literatur wiederfanden, und dass die Literatur Anregungen gab, zus�tzliche Kompetenzen vorwiegend aus dem Managementbereich aufzunehmen. Als aktuelle Einschr�nkung kann die bisher fehlende Validierung gesehen werden, welche mittels Expertenbefragung via Online-Erhebung in mindestens zwei Runden von ca. 100 Fachexperten aus Lehre und Praxis der D-A-CH-Region noch erfolgen wird. Die resultierenden Kompetenzen werden dann unterschiedlichen Niveaus des EQR/DQR (Stufen f�nf bis sieben) zugeordnet. Das so entstehende Empfehlungsmodell kann dann, erweitert um personelle Kompetenzen, zur Umsetzung in Curricula und deren Module in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pflegeinformatik genutzt werden.
Literatur
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- Kennedy MA, Hussey P. Nursing Informatics. In: Hannah KJ, Hussey P, Kennedy MA, Ball MJ, Hrsg. Introduction to Nursing Informatics. 4. Auflage. London: Springer-Verlag; 2015. p.11-31.
- 2.
- Nagle LM. The Role of the Informatics Nurse. In: Hannah KJ, Hussey P, Kennedy MA, Ball MJ, Hrsg. Introduction to Nursing Informatics. 4. Auflage. London: Springer-Verlag; 2015. p. 251-270.
- 3.
- Procter PM. Nursing Education. In: Hannah KJ, Hussey P, Kennedy MA, Ball MJ, Hrsg. Introduction to Nursing Informatics. 4. Auflage. London: Springer-Verlag; 2015. p. 415-425.
- 4.
- Darvish A, Bahramnezhad F, Keyhanian S, Navidhamidi M. The Role of Nursing Informatics on Promoting Quality of Health Care and the Need for Appropriate Education. Glob J Health Sci. 2014;6(6):11-18.
- 5.
- Steffan S. Informatik in der pflegerischen Ausbildung. Eine empirische Untersuchung an den Pflegefachschulen. Pflegewissenschaft. 2010;12(6):342-348.
- 6.
- H�lsken-Giesler M. Technikkompetenz in der Pflege – Anforderungen im Kontext der Etablierung Neuer Technologien in der Gesundheitsversorgung. Pflege & Gesellschaft. 2010;15(4):330-352.
- 7.
- KeGL – Kompetenzentwicklung von Gesundheitsfachpersonal im Kontext des Lebenslangen Lernens [Internet]. Wolfenb�ttel: Ostfalia Hochschule f�r angewandte Wissenschaften; 2015 [letzter Zugriff 05.03.2015]. Online verf�gbar unter: http://www.kegl.ostfalia.de/
- 8.
- Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DKR). Deutscher Qualifikationsrahmen f�r lebenslanges Lernen [Internet]. Berlin: Bundesministerium f�r Bildung und Forschung; 2015 [letzter Zugriff 10.03.2015]. Online verf�gbar unter: http://www.dqr.de/content/2453.php
- 9.
- Bundes�rztekammer. (Muster-) Weiterbildungsordnung 2003. In der Fassung vom 28.06.2013 [Internet]. Berlin: Bundes�rztekammer; 2013 [letzter Zugriff 05.03.2015]. Online verf�gbar unter: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/20130628-MWBO_V6.pdf
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- Global Health Workforce Council (GHWC). Global Academic Curricula Competencies for Health Information Professionals. Draft for public comment [Internet]. Chicago: The AHIMA Foundation; 2015 [letzter Zugriff 05.03.2015]. Online verf�gbar unter: http://www.ahimafoundation.org/downloads/pdfs/Global%20Health%20Information%20Curricula_Draft%20for%20Public%20Comment_Final%20%282%29.pdf
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- Australian Health Informatics Education Council (AHIEC). Health Informatics Scope, Careers and Competencies Version 1.9. [Internet]. Australian Health Informatics Education Council; 2011. Online verf�gbar unter: http://www.ahiec.org.au/docs/AHIEC_HI_Scope_Careers_and_Competencies_V1-9.pdf
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- 15.
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- 16.
- Dugas M, R�hrig R, Stausberg J, GMDS-Projektgruppe „MI-Lehre in der Medizin“. Welche Kompetenzen in Medizinischer Informatik ben�tigen �rztinnen und �rzte? Vorstellung des Lernzielkatalogs Medizinische Informatik f�r Studierenden der Humanmedizin. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2012;8(1):Doc04. DOI: 10.3205/mibe000128